Kurse

2010 in Barranquilla/Kolumbien an der Universidad del Atlantico

Facultad de Bellas Artes "Experimentelle Grafik /Cyanotypie"

in Zusammenarbeit mit Carsten Busse.

In der Galerie der Kunst-Fakultät stellten wir unter dem Titel "FIN DE OBRA" neue Arbeiten aus.

Details-Kurs-Kolumbien-2010


Unsere Einladung erfolgte aufgrund persönlicher Kontakte mit den kolumbianischen Künstlern Gustavo Sanchez und Eliecer Salazar, die beide der Universität nahe stehen. Salazar hat selbst bei dem Professor, der für das Seminar verantwortlich zeichnet, studiert und übt mittlerweile eine Lehrtätigkeit an der Universität aus.

Ein Grund für die Einladung war sicherlich einerseits die große Beachtung, die Leipziger Kunst gegenwärtig weltweit genießt. Interessant für StudentInnen aus Südamerika dürfte aber auch gerade der Prozess sein, den Kunstschaffende, die bereits unter ostdeutschen Verhältnissen (neben der staatlich verordneten Spur) tätig waren, mit der Neuorientierung am internationalen Kunstmarkt durchlebt haben. Uns ist bewusst, dass dieses Thema sehr facettenreich ist. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen als Künstler und Kuratoren sind wir jedoch in der Lage, ein realistisches Bild der Kunstentwicklung in Deutschland vor und nach 1989 wiederzugeben.

Die derzeitige ausschließliche Marktfixierung (künstlerischer Erfolg einzig gemessen an Verkaufszahlen)   war und ist für viele ostdeutsche KünstlerInnen sehr gewöhnungsbedürftig und führte nicht selten zu beruflichem und persönlichem Scheitern. Die fehlende politische und gesellschaftliche Relevanz in der heutigen Kunstproduktion wird jedoch ebenso von vielen Künstlern im Westen Deutschlands beklagt. Alles in allem soll aber auch betont werden, dass die Kunst im vereinigten Deutschland nach 20 Jahren keine bedeutenden Unterschiede zwischen Ost und West mehr aufweist. Im Gegenteil war es oft der Fall, dass die lange getrennt agierenden Kunstszenen schneller Gemeinsamkeiten fanden als andere gesellschaftliche Gruppen. Dieses spezifisch deutsche Thema ist, unseres Wissens, gerade außerhalb Europas kaum wirklich bekannt und sollte für angehende Künstlerinnen und Künstler durchaus interessant sein.

Perspektivisch rechnen wir durch unsere Teilnahme am Seminar mit einer Erweiterung 

unserer internationalen Kontakte. Erfahrungsgemäß entstehen gerade in Arbeitssituationen

oftmals langjährige fruchtbare und freundschaftliche Beziehungen zwischen

Kunstschaffenden verschiedener Länder.

 

Art der Teilnahme:

1. Leitung eines Workshops zur Technik der Cyanotypie

2. Vortrag zum Thema „Künstlerische Verweigerungsstrategien in Ostdeutschland unter Berücksichtigung der Kunstentwicklung im geteilten Deutschland“ (Arbeitstitel)

3. Ausstellung "Fin de Obras" , Gemeinschaftsausstellung Ralf Born (Druckgrafik) und Carsten Busse (Cyanotypie)

In dem mehrtägigen Workshop beabsichtigen wir, den KunststudentInnen die fast vergessene Technik der Cyanotypie nahe zu bringen.

Die Technik der Cyanotypie wurde 1842 von John Herschel erfunden und zählt heute zu den so genannten Edeldruckverfahren. Sie basiert auf einer chemischen Eisenlösung, bei der das Eisen unter UV-Licht blaue Kristalle bildet, weshalb diese Technik auch Blaudruck genannt wird. Im Gegensatz zu Silbergelatine-Prints entsteht das Bild direkt im Papier und nicht nur in einer Schicht an der Oberfläche.

Da die Cyanotypie Kontaktnegative benötigt, also nur eine 1.1-Umsetzung und keinen Vergrößerung ermöglicht, geriet sie als fotografisches Verfahren nahezu in Vergessenheit. Durch die neuen technischen Möglichkeiten (Tintenstrahlausdrucke auf Transparentfolie) wird dieses alte Verfahren gerade für künstlerische Zwecke wieder interessant. Zudem genügt als UV-Quelle das Sonnenlicht, weshalb wir gerade diese Technik für einen Workshop in Kolumbien für besonders geeignet halten

Da unsere künstlerischen Wurzeln in der alternativen Kunstszene der DDR der 80er Jahre liegen, möchten wir die künstlerischen Verweigerungsstrategien der alternativen Szene im Kontext der politischen und kulturellen Diktatur von 1945 bis 1989 näher beleuchten. Für Europa mag dieses Thema hinreichend behandelt worden sein, in Südamerika ist es jedoch nahezu unbekannt. Angesichts der nach wie vor unübersichtlichen politischen Situation in Kolumbien und der zunehmenden künstlerischen Reaktionen auf diesen Zustand glauben wir, dass dieses Thema für angehende kolumbianische KünstlerInnen durchaus von Interesse ist. Diese Problematik soll jedoch nicht explizit angesprochen werden. Den Studierenden bleibt freigestellt, ob sie unsere Erfahrungen auf ihre eigenen Befindlichkeiten beziehen.

Weiterhin soll der Vortrag auf die Situation der deutschen Kunstszene(n) nach der deutschen Einheit hinweisen und das erstaunlich schnelle Zusammenwachsen der sehr unterschiedlich sozialisierten Szenen betonen. Thematisiert wird in diesem Zusammenhang natürlich auch die für zahlreiche ostdeutsche KünstlerInnen lange Zeit eher nebensächliche Rolle des materiellen Erfolgs bei der Bewertung ihrer künstlerischen Tätigkeit. und die heute vergleichsweise geringe gesellschaftliche Relevanz kultureller Arbeit im allgemeinen.

Im Zusammenhang mit dem Vortrag erhoffen wir uns interessante Gespräche und Diskussionen, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen unserer beiden europäischen Kollegen.